Kein Haustürwiderrufsrecht bei zuvor erhaltenem Angebot

Kein Haustürwiderrufsrecht bei zuvor erhaltenem Angebot

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kein Widerrufsrecht bei vorherigem Angebot: Ein Verbraucher kann den Vertrag nicht widerrufen, wenn er bereits vor dem Haustürgeschäft ein konkretes Angebot erhalten hat – selbst bei Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen.
  • BGH-Urteil stärkt Unternehmer: Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 7/23) hat klargestellt, dass § 312g Abs. 1 BGB nicht greift, wenn dem Kunden vorab ein bindendes Angebot zuging, das er später annimmt – auch an der Haustür.
  • Tipp für Unternehmer: Dokumentieren Sie den Angebotsversand mit Datum und Inhalt genau – das schützt zuverlässig vor nachträglichen Widerrufsversuchen und rechtlichen Unsicherheiten.

BGH-Urteil: Kein Widerrufsrecht bei vorherigem Angebot im Haustürgeschäft

Mit Urteil vom 06.07.2023, Az. VII ZR 151/22, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, den sogenannten Haustürgeschäften, kein Widerrufsrecht zusteht, wenn der Verbraucher das Angebot bereits einige Zeit vor der Vertragsannahme erhalten hat und daher ausreichend Zeit hatte, sich mit dessen Inhalt zu befassen.

Gibt es grundsätzlich ein Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften?

Grundsätzlich besteht für Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht, durch das verhindert werden soll, dass Verbraucher an der Haustür mit Vertragsabschlüssen für Leistungen überrumpelt werden, die sie eigentlich gar nicht brauchen, und an die sie dann gebunden.

Dabei gilt das Widerrufsrecht unabhängig vom Auftragsvolumen auch für größere Aufträge wie etwa Werk- und Bauleistungen.

Wie lange kann der Verbraucher das Widerrufsrecht ausüben?

Es kommt darauf an. Ist der Verbraucher bei Vertragsschluss über sein Widerrufsrecht belehrt worden und hat sowohl die Vertragsunterlagen wie auch die Widerrufsbelehrung in Textform erhalten, beträgt das Zeitfenster, in dem das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann, 14 Tage ab Erhalt der Widerrufsbelehrung.

Erfolgt entweder keine Widerrufsbelehrung oder erhält der Verbraucher die Widerrufsbelehrung nicht in Textform, beträgt das Zeitfenster, in dem das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann, 1 Jahr + 14 Tage ab Vertragsschluss.

Warum hat der BGH eine Ausnahme davon gemacht?

Zweck des Widerrufsrechts: Schutz vor Überrumpelung

Der BGH hat vor allem auf den Sinn und Zweck des Haustürwiderrufsrechts abgestellt, den Verbraucher vor einer Überrumpelung zu schützen. Er hat diese Schutzbedürftigkeit verneint, wenn der Verbraucher das Angebot bereits zuvor erhalten hat und daher genügend Zeit hatte, sich mit den Vor- und Nachteilen der angebotenen Leistung auseinanderzusetzen. Denn eine Überrumpelung kann es nach längerer Überlegungszeit ja nicht geben.

Verweis auf EU-Verbraucherrichtlinie: Schutz entfällt bei Vorlaufzeit

Dabei hat er sich auch am Europarecht orientiert, dort der sogenannten Verbraucherrichtlinie, die einerseits ein Verbraucherwiderrufsrecht bei Haustürgeschäften vorsieht, andererseits aber keine Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei ausreichender Überlegungszeit sieht.

Übertragung der EU-Beschränkung auf deutsches Recht

Letztlich hat der BGH damit eine im Europarecht vorgesehene Einschränkung auf das Deutsche Recht übertragen, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) selbst so nicht vorsieht. Auf das Fehlen einer solchen Einschränkung im BGB wird man sich nach der eindeutigen Entscheidung des BGH jedoch nicht mehr berufen können.

Was sollte man sonst noch bei der Ausübung von Widerrufsrechten beachten?

Ablauf der Widerrufsfrist: Risiko der Umdeutung in Kündigung

Problematisch werden kann ein Widerruf insbesondere dann, wenn nicht sicher feststeht und notfalls auch vor Gericht bewiesen werden kann, dass die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen war. Bei abgelaufener Widerrufsfrist stellt sich nämlich die Frage, ob der Widerruf als unbedingter Wunsch nach einer Loslösung vom Vertrag in eine anderweitige Vertragsbeendigung, etwa eine Kündigung, umgedeutet werden kann.

Werkvertragsrecht: Anspruch auf entgangenen Gewinn trotz Kündigung

Gerade im Bereich des Werkvertragsrechts kann es dann teuer werden, weil das Werkvertragsrecht bei der grundsätzlich möglichen sogenannten freien Auftragsgeberkündigung dem Unternehmer – ohne dass er seine Leistung noch erbringen müsste –, einen Anspruch auf den sogenannten entgangenen Gewinn belässt. Trotz Kündigung kann der Unternehmer dann berechtigt sein, vom Verbraucher das zu verlangen, was er bei Durchführung des Vertrages an der Leistung verdient hätte. Schlimmstenfalls droht hier daher eine Teilzahlungspflicht für eine Leistung, die man gar nicht mehr erhält.

Widerruf sorgfältig formulieren: Juristische Unterstützung ist sinnvoll

Gerade beim Widerruf teurerer Leistungen wie Werk- und Bauleistungen bietet es sich daher an, vor Ausübung des Widerrufs mit einem im Baurecht erfahrenen Anwalt zu sprechen, der das Risiko einer Umdeutung in eine freie Kündigung prüfen und durch geschickte Formulierung vermeiden kann.

Verbraucherbauvertrag: Wertersatz auch bei rechtzeitigem Widerruf

Darüber hinaus ist zu beachten, dass jedenfalls beim Widerruf von sogenannten Verbraucherbauverträgen trotz rechtzeitigen Widerrufs dem Unternehmer ein Anspruch auf Wertersatz für die vom ihm erbrachten Leistungen zusteht, die der Verbraucher nicht herausgeben kann. Auch bei der Prüfung, ob es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt, bei dessen Widerruf Wertersatz durch den Verbraucher zu leisten ist, kann ein im Baurecht erfahrener Rechtsanwalt helfen.

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