Das Wichtigste in Kürze:
- Abnahmepflicht: Der Auftraggeber ist gesetzlich verpflichtet, ein vertragsgemäß hergestelltes Gewerk abzunehmen.
- Werklohnfälligkeit und Rechteverlust bei bekannten Mängeln: Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig und verliert der Auftraggeber seine Mängelrechte wegen ihm bekannter Mängel, soweit er bei der Abnahme keinen Vorbehalt erklärt.
- Abnahmeverweigerung: Die Abnahme kann bei Vorliegen wesentlicher Mängel bis zu deren Beseitigung durch den Unternehmer verweigert werden.
Abnahme im Baurecht – Ihre Rechte & Pflichten
Am Ende von Werk- und Handwerkerleistung soll der Auftraggeber häufig die Abnahme bestätigen. Doch was ist überhaupt die Abnahme, ist man zu deren Erklärung verpflichtet und welche Rechtsfolgen ergeben sich daraus?
Anwendungsbereich der Abnahme
Die Abnahme gibt es nur im Werkvertrag. Werkvertrag sind – vereinfacht gesprochen – alle Verträge, bei denen etwas neu hergestellt oder verändert wird. Die Juristen sprechen von der Herbeiführung des versprochenen Werkerfolgs.
Werkverträge sind danach:
- der Standard-Werkvertrag nach § 631 BGB, etwa der Schnitt einer Hecke oder der Ölwechsel an einem Auto;
- der Bauvertrag nach § 650a BGB über die Herstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon;
- der Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB, durch den ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder erheblichen Umbaumaßnahmen verpflichtet wird, die einem Neubau gleichkommen;
- der Bauträgervertrag nach § 650u BGB, durch den sich der Bauträger verpflichtet, ein Grundstück mit einem noch zu errichtenden Gebäude oder einer Wohnung in einem noch zu errichtenden Gebäude zu übereignen;
- der Architektenvertrag nach § 650p BGB über die Erbringung von Architektenleistungen.
All diesen Verträgen ist gemein, dass der Auftragnehmer eine versprochene Leistung nach den Vorgaben und Vorstellungen des Auftraggebers erstellt oder umsetzt.
Definition Abnahme im Baurecht
Da wesensgebend für den Werkvertrag die Herstellung nach den Vorgaben und Vorstellung des Auftraggebers ist, ist die Herstellungsphase grundsätzlich erst dann beendet, wenn das Werk den Vorstellungen des Auftraggebers auch entspricht. Genau das ist mit der Abnahme, die im Gesetz in § 640 BGB geregelt, aber nicht genau definiert ist, gemeint:
Die Abnahme ist die Billigung der erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß.
Da es maßgeblich auf die Vorstellungen des Auftraggebers ankommt, kann im Grundsatz auch nur der Auftraggeber die Abnahme erklären. Der Werkunternehmer kann sich seine Leistungen daher nicht selbst abnehmen und die Wirkungen der Abnahme – dazu sogleich – herbeiführen.
Formen der Abnahme
Da wesentliches Kriterium der Abnahme die Billigung der erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß ist, sind mehrere unterschiedliche Formen der Abnahme denkbar und in der Rechtsprechung anerkannt:
- Die ausdrückliche Abnahme, etwa indem man die Werkleistung als schön geworden lobt, oder eine Fertigstellungsbescheinigung des Handwerkers unterschreibt.
- Die förmliche Abnahme, wenn Auftraggeber und Werkunternehmer die Werkleistung gemeinsam Punkt für Punkt durchgehen und am Ende die Abnahme schriftlich festhalten;
- Die fingierte Abnahme, wenn der Werkunternehmer dem Auftraggeber nach der Fertigstellung eine Frist zur Abnahme setzt und der Auftraggeber innerhalb der Frist die Abnahme nicht ausdrücklich unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat;
- Die konkludente Abnahme oder Abnahme durch schlüssiges Verhalten, die angenommen wird, wenn der Auftraggeber die Werkleistung in Gebrauch nimmt und auch nach einer gewissen Nutzungsdauer keine Unzufriedenheit darüber an den Werkunternehmer rückgemeldet hat. Wie lang die Nutzungsdauer für eine konkludente Abnahme sein muss, hängt von der Art des Werks und der redlicherweise zu erwartenden Prüfdauer ab. So haben Gerichte die konkludente Abnahme einer Autoreparatur teilweise nach einer Woche beanstandungsfreier Nutzung angenommen, wohingegen beim Erstbezug eines Hauses Prüfdauern zischen 4 und 6 Monaten angenommen werden. Im Einzelfall kann die Bestimmung der angemessenen Prüfdauer bis zu einer konkludenten Abnahme daher schwierig sein.
- Eine konkludente Abnahme wird regelmäßig auch dann angenommen, wenn der Auftraggeber den Werklohn des Werkunternehmers vollständig bezahlt, weil nicht angenommen werden kann, dass der Kunde für etwas bezahlt, mit dem er nicht zufrieden ist.
Rechtsfolgen der Abnahme
Die Abnahme hat mehrere, bedeutsame Rechtsfolgen für Auftraggeber und Werkunternehmer:
- Mit der Abnahme wird das Erfüllungsstadium beendet.
- Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig, wenn es sich wie beim Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag, Bauträgervertrag und Architektenvertrag zusätzlich noch einer Schlussrechnung für die Fälligkeit bedarf; diese Einschränkung ist jedoch eher theoretisch, weil jeder Handwerker nach Erbringung seiner Leistung eine Rechnung mit dem von ihm gewünschten Zahlungsziel ausstellen wird.
- Mit der Abnahme beginnt die gesetzliche Gewährleistungsfrist, die je nach Art der Werkleistung zwischen 2 und 5 Jahren beträgt.
Die vielleicht gravierendsten Rechtsfolgen der Abnahme sind folgende:
- Da die Abnahme die Billigung des Werkerfolgs als im Wesentlichen vertragsgerecht ist, verliert der Auftraggeber nach § 640 Abs. 3 BGB seine Mängelrechte wegen bekannter Mängel und Fehler, wenn er sich wegen dieser nicht ausdrücklich bei der Abnahme Mängelrechte vorbehält. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass wer einschränkungslos zufrieden war, an diese Zufriedenheit später gebunden ist.
- Da die Abnahme die Billigung des Werkerfolgs als im Wesentlichen vertragsgerecht ist, geht die Beweislast für das Vorliegen eines später entdeckten Mangels auf den Auftraggeber über. Das gilt nicht, soweit sich der Auftraggeber bei der Abnahme Mängelrecht ausdrücklich vorbehalten hat.
Da die Wirkungen der Abnahme, Fälligkeit des Werklohns, Beginn der Verjährungsfrist für Mängelrechte und Beweislastumkehr für das Vorliegen von Mängeln für den Werkunternehmer positiv sind, ist der Auftraggeber zur Abnahme des vertragsgemäßen Werks nach § 640 Abs. 1 BGB verpflichtet.
Was ist, wenn die Leistung nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entspricht?
Ob eine Abnahme auch geschuldet ist, wenn die Werkleitung nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entspricht, also mangelhaft ist, richtet sich nach der Bedeutung des oder der Mängel:
- Wegen unwesentlicher Mängel darf dir Abnahme nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB nicht verweigert werden. Der Auftraggeber ist dann zur Abnahme verpflichtet, sollte sich bei der Abnahme wegen der ihm bekannten Mängel jedoch Mängelrechte ausdrücklich vorbehalten – zu Beweiszwecken idealerweise verschriftlicht –, um diesbezügliche Mängelrechte wegen vorbehaltloser Abnahme nicht zu verlieren. Soweit sich der Auftraggeber Mängelrechte vorbehalten hat, kann er – trotz Fälligkeit des Werklohns mit der Abnahme – einen Teil des Werklohns bis zur Beseitigung der vorbehaltenen Mängel nach § 641 Abs. 3 BGB zurückbehalten.
- Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme verweigert werden, bis der Werkunternehmer die Mängel beseitigt und damit erstmals einen vertragsgemäßen – und damit abnahmereifen – Zustand hergestellt hat.
- Eine Vielzahl an sich unbedeutender Mängel kann in der Summe dazu führen, dass das Werk als insgesamt so mangelbehaftet anzusehen ist, dass eine Abnahme nicht verlangt werden kann.
Wegen der gravierenden Auswirkungen der Abnahme empfiehlt es sich gerade bei größeren Mängeln oder einer Vielzahl von Mängeln, vor der Abnahme den Rat eines auf das Baurecht spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen, um das Risiko, hernach auf den Mängeln wegen formaler Fehler oder aus Beweisgründen sitzen zu bleiben, zu minimieren.
Über uns
Wir sind eine Münchener Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt im Bau- und Arbeitsrecht mit drei Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht. Wenn Sie weitere Fragen zur Abnahme und Mängeln haben, sprechen Sie uns gerne an. Häufig können durch eine frühe Hinzuziehung spezialisierter Rechtsanwälte formale Fehler vermieden und die Ausgangsbedingungen für einen etwaigen Rechtsstreit optimiert werden. Vielfach kann durch das frühzeitige Auftreten eines Baurechtsprofis ein Rechtsstreit auch ganz vermieden werden.
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