Abnahme im Baurecht einfach erklärt

Das Wichtigste in Kürze:

  • Abnahmepflicht: Der Auftraggeber ist gesetzlich verpflichtet, ein vertragsgemäß hergestelltes Gewerk abzunehmen.
  • Werklohnfälligkeit und Rechteverlust bei bekannten Mängeln: Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig und verliert der Auftraggeber seine Mängelrechte wegen ihm bekannter Mängel, soweit er bei der Abnahme keinen Vorbehalt erklärt.
  • Abnahmeverweigerung: Die Abnahme kann bei Vorliegen wesentlicher Mängel bis zu deren Beseitigung durch den Unternehmer verweigert werden.

Abnahme im Baurecht – Ihre Rechte & Pflichten

Am Ende von Werk- und Handwerkerleistung soll der Auftraggeber häufig die Abnahme bestätigen. Doch was ist überhaupt die Abnahme, ist man zu deren Erklärung verpflichtet und welche Rechtsfolgen ergeben sich daraus?

Anwendungsbereich der Abnahme

Die Abnahme gibt es nur im Werkvertrag. Werkvertrag sind – vereinfacht gesprochen – alle Verträge, bei denen etwas neu hergestellt oder verändert wird. Die Juristen sprechen von der Herbeiführung des versprochenen Werkerfolgs.

Werkverträge sind danach:

  • der Standard-Werkvertrag nach § 631 BGB, etwa der Schnitt einer Hecke oder der Ölwechsel an einem Auto;
  • der Bauvertrag nach § 650a BGB über die Herstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks oder einer Außenanlage oder eines Teils davon;
  • der Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB, durch den ein Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder erheblichen Umbaumaßnahmen verpflichtet wird, die einem Neubau gleichkommen;
  • der Bauträgervertrag nach § 650u BGB, durch den sich der Bauträger verpflichtet, ein Grundstück mit einem noch zu errichtenden Gebäude oder einer Wohnung in einem noch zu errichtenden Gebäude zu übereignen;
  • der Architektenvertrag nach § 650p BGB über die Erbringung von Architektenleistungen.

All diesen Verträgen ist gemein, dass der Auftragnehmer eine versprochene Leistung nach den Vorgaben und Vorstellungen des Auftraggebers erstellt oder umsetzt.

Definition Abnahme im Baurecht

Da wesensgebend für den Werkvertrag die Herstellung nach den Vorgaben und Vorstellung des Auftraggebers ist, ist die Herstellungsphase grundsätzlich erst dann beendet, wenn das Werk den Vorstellungen des Auftraggebers auch entspricht. Genau das ist mit der Abnahme, die im Gesetz in § 640 BGB geregelt, aber nicht genau definiert ist, gemeint:

Die Abnahme ist die Billigung der erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß.

Da es maßgeblich auf die Vorstellungen des Auftraggebers ankommt, kann im Grundsatz auch nur der Auftraggeber die Abnahme erklären. Der Werkunternehmer kann sich seine Leistungen daher nicht selbst abnehmen und die Wirkungen der Abnahme – dazu sogleich – herbeiführen.

Formen der Abnahme

Da wesentliches Kriterium der Abnahme die Billigung der erbrachten Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäß ist, sind mehrere unterschiedliche Formen der Abnahme denkbar und in der Rechtsprechung anerkannt:

  • Die ausdrückliche Abnahme, etwa indem man die Werkleistung als schön geworden lobt, oder eine Fertigstellungsbescheinigung des Handwerkers unterschreibt.
  • Die förmliche Abnahme, wenn Auftraggeber und Werkunternehmer die Werkleistung gemeinsam Punkt für Punkt durchgehen und am Ende die Abnahme schriftlich festhalten;
  • Die fingierte Abnahme, wenn der Werkunternehmer dem Auftraggeber nach der Fertigstellung eine Frist zur Abnahme setzt und der Auftraggeber innerhalb der Frist die Abnahme nicht ausdrücklich unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat;
  • Die konkludente Abnahme oder Abnahme durch schlüssiges Verhalten, die angenommen wird, wenn der Auftraggeber die Werkleistung in Gebrauch nimmt und auch nach einer gewissen Nutzungsdauer keine Unzufriedenheit darüber an den Werkunternehmer rückgemeldet hat. Wie lang die Nutzungsdauer für eine konkludente Abnahme sein muss, hängt von der Art des Werks und der redlicherweise zu erwartenden Prüfdauer ab. So haben Gerichte die konkludente Abnahme einer Autoreparatur teilweise nach einer Woche beanstandungsfreier Nutzung angenommen, wohingegen beim Erstbezug eines Hauses Prüfdauern zischen 4 und 6 Monaten angenommen werden. Im Einzelfall kann die Bestimmung der angemessenen Prüfdauer bis zu einer konkludenten Abnahme daher schwierig sein.
  • Eine konkludente Abnahme wird regelmäßig auch dann angenommen, wenn der Auftraggeber den Werklohn des Werkunternehmers vollständig bezahlt, weil nicht angenommen werden kann, dass der Kunde für etwas bezahlt, mit dem er nicht zufrieden ist.

Rechtsfolgen der Abnahme

Die Abnahme hat mehrere, bedeutsame Rechtsfolgen für Auftraggeber und Werkunternehmer:

  • Mit der Abnahme wird das Erfüllungsstadium beendet.
  • Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig, wenn es sich wie beim Bauvertrag, Verbraucherbauvertrag, Bauträgervertrag und Architektenvertrag zusätzlich noch einer Schlussrechnung für die Fälligkeit bedarf; diese Einschränkung ist jedoch eher theoretisch, weil jeder Handwerker nach Erbringung seiner Leistung eine Rechnung mit dem von ihm gewünschten Zahlungsziel ausstellen wird.
  • Mit der Abnahme beginnt die gesetzliche Gewährleistungsfrist, die je nach Art der Werkleistung zwischen 2 und 5 Jahren beträgt.

Die vielleicht gravierendsten Rechtsfolgen der Abnahme sind folgende:

  • Da die Abnahme die Billigung des Werkerfolgs als im Wesentlichen vertragsgerecht ist, verliert der Auftraggeber nach § 640 Abs. 3 BGB seine Mängelrechte wegen bekannter Mängel und Fehler, wenn er sich wegen dieser nicht ausdrücklich bei der Abnahme Mängelrechte vorbehält. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass wer einschränkungslos zufrieden war, an diese Zufriedenheit später gebunden ist.
  • Da die Abnahme die Billigung des Werkerfolgs als im Wesentlichen vertragsgerecht ist, geht die Beweislast für das Vorliegen eines später entdeckten Mangels auf den Auftraggeber über. Das gilt nicht, soweit sich der Auftraggeber bei der Abnahme Mängelrecht ausdrücklich vorbehalten hat.

Da die Wirkungen der Abnahme, Fälligkeit des Werklohns, Beginn der Verjährungsfrist für Mängelrechte und Beweislastumkehr für das Vorliegen von Mängeln für den Werkunternehmer positiv sind, ist der Auftraggeber zur Abnahme des vertragsgemäßen Werks nach § 640 Abs. 1 BGB verpflichtet.

Was ist, wenn die Leistung nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entspricht?

Ob eine Abnahme auch geschuldet ist, wenn die Werkleitung nicht den Vorstellungen des Auftraggebers entspricht, also mangelhaft ist, richtet sich nach der Bedeutung des oder der Mängel:

  • Wegen unwesentlicher Mängel darf dir Abnahme nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB nicht verweigert werden. Der Auftraggeber ist dann zur Abnahme verpflichtet, sollte sich bei der Abnahme wegen der ihm bekannten Mängel jedoch Mängelrechte ausdrücklich vorbehalten – zu Beweiszwecken idealerweise verschriftlicht –, um diesbezügliche Mängelrechte wegen vorbehaltloser Abnahme nicht zu verlieren. Soweit sich der Auftraggeber Mängelrechte vorbehalten hat, kann er – trotz Fälligkeit des Werklohns mit der Abnahme – einen Teil des Werklohns bis zur Beseitigung der vorbehaltenen Mängel nach § 641 Abs. 3 BGB zurückbehalten.
  • Wegen wesentlicher Mängel kann die Abnahme verweigert werden, bis der Werkunternehmer die Mängel beseitigt und damit erstmals einen vertragsgemäßen – und damit abnahmereifen – Zustand hergestellt hat.
  • Eine Vielzahl an sich unbedeutender Mängel kann in der Summe dazu führen, dass das Werk als insgesamt so mangelbehaftet anzusehen ist, dass eine Abnahme nicht verlangt werden kann.

Wegen der gravierenden Auswirkungen der Abnahme empfiehlt es sich gerade bei größeren Mängeln oder einer Vielzahl von Mängeln, vor der Abnahme den Rat eines auf das Baurecht spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen, um das Risiko, hernach auf den Mängeln wegen formaler Fehler oder aus Beweisgründen sitzen zu bleiben, zu minimieren.

Über uns

Wir sind eine Münchener Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt im Bau- und Arbeitsrecht mit drei Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht. Wenn Sie weitere Fragen zur Abnahme und Mängeln haben, sprechen Sie uns gerne an. Häufig können durch eine frühe Hinzuziehung spezialisierter Rechtsanwälte formale Fehler vermieden und die Ausgangsbedingungen für einen etwaigen Rechtsstreit optimiert werden. Vielfach kann durch das frühzeitige Auftreten eines Baurechtsprofis ein Rechtsstreit auch ganz vermieden werden.

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Kein Haustürwiderrufsrecht bei zuvor erhaltenem Angebot

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kein Widerrufsrecht bei vorherigem Angebot: Ein Verbraucher kann den Vertrag nicht widerrufen, wenn er bereits vor dem Haustürgeschäft ein konkretes Angebot erhalten hat – selbst bei Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen.
  • BGH-Urteil stärkt Unternehmer: Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 7/23) hat klargestellt, dass § 312g Abs. 1 BGB nicht greift, wenn dem Kunden vorab ein bindendes Angebot zuging, das er später annimmt – auch an der Haustür.
  • Tipp für Unternehmer: Dokumentieren Sie den Angebotsversand mit Datum und Inhalt genau – das schützt zuverlässig vor nachträglichen Widerrufsversuchen und rechtlichen Unsicherheiten.

BGH-Urteil: Kein Widerrufsrecht bei vorherigem Angebot im Haustürgeschäft

Mit Urteil vom 06.07.2023, Az. VII ZR 151/22, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, den sogenannten Haustürgeschäften, kein Widerrufsrecht zusteht, wenn der Verbraucher das Angebot bereits einige Zeit vor der Vertragsannahme erhalten hat und daher ausreichend Zeit hatte, sich mit dessen Inhalt zu befassen.

Gibt es grundsätzlich ein Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften?

Grundsätzlich besteht für Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht, durch das verhindert werden soll, dass Verbraucher an der Haustür mit Vertragsabschlüssen für Leistungen überrumpelt werden, die sie eigentlich gar nicht brauchen, und an die sie dann gebunden.

Dabei gilt das Widerrufsrecht unabhängig vom Auftragsvolumen auch für größere Aufträge wie etwa Werk- und Bauleistungen.

Wie lange kann der Verbraucher das Widerrufsrecht ausüben?

Es kommt darauf an. Ist der Verbraucher bei Vertragsschluss über sein Widerrufsrecht belehrt worden und hat sowohl die Vertragsunterlagen wie auch die Widerrufsbelehrung in Textform erhalten, beträgt das Zeitfenster, in dem das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann, 14 Tage ab Erhalt der Widerrufsbelehrung.

Erfolgt entweder keine Widerrufsbelehrung oder erhält der Verbraucher die Widerrufsbelehrung nicht in Textform, beträgt das Zeitfenster, in dem das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann, 1 Jahr + 14 Tage ab Vertragsschluss.

Warum hat der BGH eine Ausnahme davon gemacht?

Zweck des Widerrufsrechts: Schutz vor Überrumpelung

Der BGH hat vor allem auf den Sinn und Zweck des Haustürwiderrufsrechts abgestellt, den Verbraucher vor einer Überrumpelung zu schützen. Er hat diese Schutzbedürftigkeit verneint, wenn der Verbraucher das Angebot bereits zuvor erhalten hat und daher genügend Zeit hatte, sich mit den Vor- und Nachteilen der angebotenen Leistung auseinanderzusetzen. Denn eine Überrumpelung kann es nach längerer Überlegungszeit ja nicht geben.

Verweis auf EU-Verbraucherrichtlinie: Schutz entfällt bei Vorlaufzeit

Dabei hat er sich auch am Europarecht orientiert, dort der sogenannten Verbraucherrichtlinie, die einerseits ein Verbraucherwiderrufsrecht bei Haustürgeschäften vorsieht, andererseits aber keine Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers bei ausreichender Überlegungszeit sieht.

Übertragung der EU-Beschränkung auf deutsches Recht

Letztlich hat der BGH damit eine im Europarecht vorgesehene Einschränkung auf das Deutsche Recht übertragen, die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) selbst so nicht vorsieht. Auf das Fehlen einer solchen Einschränkung im BGB wird man sich nach der eindeutigen Entscheidung des BGH jedoch nicht mehr berufen können.

Was sollte man sonst noch bei der Ausübung von Widerrufsrechten beachten?

Ablauf der Widerrufsfrist: Risiko der Umdeutung in Kündigung

Problematisch werden kann ein Widerruf insbesondere dann, wenn nicht sicher feststeht und notfalls auch vor Gericht bewiesen werden kann, dass die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen war. Bei abgelaufener Widerrufsfrist stellt sich nämlich die Frage, ob der Widerruf als unbedingter Wunsch nach einer Loslösung vom Vertrag in eine anderweitige Vertragsbeendigung, etwa eine Kündigung, umgedeutet werden kann.

Werkvertragsrecht: Anspruch auf entgangenen Gewinn trotz Kündigung

Gerade im Bereich des Werkvertragsrechts kann es dann teuer werden, weil das Werkvertragsrecht bei der grundsätzlich möglichen sogenannten freien Auftragsgeberkündigung dem Unternehmer – ohne dass er seine Leistung noch erbringen müsste –, einen Anspruch auf den sogenannten entgangenen Gewinn belässt. Trotz Kündigung kann der Unternehmer dann berechtigt sein, vom Verbraucher das zu verlangen, was er bei Durchführung des Vertrages an der Leistung verdient hätte. Schlimmstenfalls droht hier daher eine Teilzahlungspflicht für eine Leistung, die man gar nicht mehr erhält.

Widerruf sorgfältig formulieren: Juristische Unterstützung ist sinnvoll

Gerade beim Widerruf teurerer Leistungen wie Werk- und Bauleistungen bietet es sich daher an, vor Ausübung des Widerrufs mit einem im Baurecht erfahrenen Anwalt zu sprechen, der das Risiko einer Umdeutung in eine freie Kündigung prüfen und durch geschickte Formulierung vermeiden kann.

Verbraucherbauvertrag: Wertersatz auch bei rechtzeitigem Widerruf

Darüber hinaus ist zu beachten, dass jedenfalls beim Widerruf von sogenannten Verbraucherbauverträgen trotz rechtzeitigen Widerrufs dem Unternehmer ein Anspruch auf Wertersatz für die vom ihm erbrachten Leistungen zusteht, die der Verbraucher nicht herausgeben kann. Auch bei der Prüfung, ob es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt, bei dessen Widerruf Wertersatz durch den Verbraucher zu leisten ist, kann ein im Baurecht erfahrener Rechtsanwalt helfen.

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Mängelrechte & Garantie im Baurecht – Ihre Rechte & Pflichten

Das Wichtigste in Kürze:

  • Definition eines Baumangels: Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit eines Bauwerks von der vereinbarten abweicht, es für den vorgesehenen Zweck ungeeignet ist oder nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht.​
  • Unterscheidung zwischen Garantie und Mängelrechten: Während eine Garantie ein freiwilliges Versprechen des Unternehmers darstellt, für bestimmte Eigenschaften einzustehen, sind Mängelrechte gesetzlich verankert und verpflichten den Unternehmer, für auftretende Mängel innerhalb von fünf Jahren nach Abnahme einzustehen.​
  • Vorrang der Nachbesserung: Bei festgestellten Mängeln hat der Unternehmer zunächst das Recht zur Nachbesserung. Erst nach erfolgloser Fristsetzung kann der Auftraggeber weitere Schritte wie Selbstvornahme oder Schadensersatz einleiten.

Mängelrechte & Garantie im Baurecht

Wo gearbeitet wird, passieren Fehler, auch am Bau. Dann stellt sich die Frage, welche Rechte der Auftraggeber in dem Fall hat. Wie sieht es aus mit Garantie und Mängelrechten? Und was ist überhaupt ein Baumangel?

Definition Mangel

Der Begriff des Mangels ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) für den Bereich des Baurechts in § 633 Abs. 2 BGB legal definiert, entweder als

  • Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit,
  • Nichteignung für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung oder
  • Nichteignung für die gewöhnliche Verwendung.

Vereinfacht gesprochen kann man sagen: Ein Mangel liegt immer dann vor, wenn die Ist- von der Soll-Beschaffenheit abweicht.

Darüber hinaus kann ein Mangel auch vorliegen, wenn eine Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik vorliegt, etwa DIN-Normen nicht eingehalten worden sind. Das ist für den Auftraggeber selbst jedoch regelmäßig nicht zu erkennen und kann vielfach nur unter Hinzuziehung eines Bausachverständigen festgestellt werden.

Zeitpunkt Mangel

Ein Mangel kann streng genommen erst nach Fertigstellung der Werkleistung vorliegen. Vor der Fertigstellung handelt es sich im Rechtssinne noch um keinen Mangel, sondern um eine unfertige Leistung, die der Werkunternehmer noch ordnungsgemäß fertigstellen muss.

Entsprechend hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 2017 entschieden, dass dem Auftraggeber Mängelrechte grundsätzlich erst nach der Abnahme – und damit im Zeitpunkt nach der Fertigstellung – zustehen (Az. VII ZR 193/15).

Mängelrechte und Garantie im Baurecht

Die Begriffe Mängelrechte und Garantie werden im allgemeinen Sprachgebrauch häufig synonym verwendet, sind jedoch nicht deckungsgleich.

  • Bei einer Garantie handelt es sich um ein freiwilliges Versprechen, für die Funktion einer Leistung – über die gesetzlichen Mängelrechte hinaus – einstehen zu wollen. Da es sich bei der Garantie um eine freiwillige Leistung handelt, darf der Garantiegeber die Garantie auch an weitere Bedingungen knüpfen, etwa regelmäßig durchgeführte Wartungen. In der Baupraxis kommt eine freiwillige Garantie so gut wie nicht vor.
  • Bei den Mängelrechten handelt es sich um die gesetzliche Verpflichtung des Werkunternehmers, für Mängel eine gewisse Zeit lang – bei Bauleistungen regelmäßig 5 Jahre ab der Abnahme – einzustehen. Es handelt sich daher um keine freiwillige Leistung des Werkunternehmers, sondern eine von Gesetzes wegen angeordnete Leistungspflicht, die der Unternehmer auch nicht von über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehenden Bedingungen abhängig machen kann.

Da freiwillige Garantien im Baurecht so gut wie nicht vorkommen, sind maßgeblich für den Auftraggeber primär die gesetzlichen Mängelrechte.

Grundsatz der Nachbesserung bei Mängeln im Baurecht

Wenn an einer Werkleistung in der Garantiezeit von bei Bauwerken (regelmäßig 5 Jahren ab der Abnahme) ein Mangel auftritt, stehen dem Auftraggeber Mängelrechte zu.

Diese Mängelrechte richten sich primär auf Nacherfüllung durch den Werkunternehmer, d.h. dem Unternehmer muss der Mangel angezeigt und die Möglichkeit gegeben werden, den Mangel selbst oder durch eigenes Personal zu beseitigen. Wie der Unternehmer den Mangel beseitigt, ist dabei grundsätzlich Sache des Unternehmers und kann und sollte ihm nicht vorgegeben werden, um nicht das Risiko falscher Vorgaben einzugehen.

Erst wenn dem Werkunternehmer erfolglos eine angemessene Frist zu Mängelbeseitigung gesetzt worden ist (zu Nachweiszwecken bietet sich hier die Übersendung der Mängelbeseitigungsaufforderung per Einschreiben an), kann der Auftraggeber auf Sekundärrechte umschwenken.

  • Der Auftraggeber kann dann im Wege der Selbstvornahme einen anderen Unternehmer mit der Mangelbeseitigung beauftragen und die Kosten hernach vom ursprünglichen Unternehmer ersetzt verlangen. Auch ein Vorschuss für die voraussichtlich entstehenden Kosten kann nach erfolglosem Fristablauf von dem ursprünglichen Unternehmer verlangt werden.
  • Alternativ kann nach erfolglosem Fristablauf auch gemindert werden, was bedeutet, dass der Werklohn um den Minderwert der mangelhaften Leistung reduziert wird. Die Minderung führt allerdings häufig zu keinem angemessenen Ergebnis, weil es einerseits bei dem Vorhandensein des Mangels bleibt und der Auftraggeber den korrekten Minderungsbetrag häufig nicht genau einschätzen kann.

Wichtig: ist für die Sekundärrechte aber in jedem Fall, dass dem ursprünglichen Unternehmer zuvor die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung unter Fristsetzung gegeben worden ist. Die vielfach dagegen eingewandte Überlegung, einen Handwerker, der bereits einmal einen Fehler gemacht hat, nicht nochmals beauftragen zu wollen, funktioniert vor Gericht nicht. Die Möglichkeit, den Mangel selbst zu beseitigen, ist für den Unternehmer / Handwerker im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Ohne das Vorliegen eines Mangels bedürfte es dieser Möglichkeit schon nicht. Der Regelfall des Vorliegens eines Mangels kann daher nicht zugleich die Ausnahme vom Mängelbeseitigungsrecht des Werkunternehmers sein.  

Beweisprobleme

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass der Werkunternehmer den Mangel nicht beseitigen und auch die Kosten für die Mangelbeseitigung durch einen anderen Unternehmer nicht übernehmen will. In dem Fall kommt der Auftraggeber in eine schwierige Lage, wenn er den Mangel bereits beseitigt hat und daher das vormalige Vorliegen des Mangels nur noch sehr schwer nachweisen kann. Dem kann man zwar versuchen, durch Fotos und Zeugenaussagen der mit der Mangelbeseitigung beauftragten Handwerker entgegenzuwirken. Vielfach besteht aber trotzdem ein gewisses Beweisrisiko.

Gerade bei teureren Mängeln/Reparaturen empfiehlt es sich daher, vor einer selbst durchgeführten Mangelbeseitigung den Rat eines auf das Baurecht spezialisierten Rechtsanwalts einzuholen, um das Risiko, hernach auf den für die Mangelbeseitigungskosten aufgewendeten Kosten wegen formaler Fehler oder aus Beweisgründen sitzen zu bleiben, zu minimieren.

Über uns

Wir sind eine Münchener Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt im Arbeits- und Baurecht, mit mehreren Fachanwälten:innen für Bau- und Architektenrecht. Wenn Sie weitere Fragen zu Mängeln und Mängelrechten haben, sprechen Sie uns gerne an. Häufig können durch eine frühe Hinzuziehung spezialisierter Rechtsanwälte formale Fehler vermieden und die Ausgangsbedingungen für einen etwaigen Rechtsstreit optimiert werden. Vielfach kann durch das frühzeitige Auftreten eines Baurechtsprofis ein Rechtsstreit auch ganz vermieden werden.

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